Gartengestaltung
Einen Bauerngarten nach historischem Vorbild anzulegen

Die Gartenkultur der mitteleuropäischen Staaten entwickelte sich trotz regionaler Unterschiede der Pflanzensorten relativ ähnlich. Ein grundlegendes Element ist die Nähe der Gartenfläche zum Haus, um die Wärmeabstrahlung zu nutzen, und deren Ausrichtung nach Süden oder Osten, um so viel wie möglich Sonnenlicht zu erhalten. Dahingehend wird auch das prächtige Wachstum der Pflanzen in mittelalterlichen Klostergärten begründet, denn aufgrund der Steinmauer, die die Beete umgab, konnte die Wärme länger gespeichert und abgegeben werden. Ausgehend vom ursprünglich reinen Nutzgartenprinzip, bei dem die Ernährungsversorgung im Vordergrund stand, sollte die Gestaltung eher schlicht und einfach gehalten werden.
Das prägnanteste Gestaltungmerkmal, das in den meisten Bauerngärten wiederkehrt, ist die rechteckige Grundfläche, welche durch einen Weg in Kreuzform gevierteilt wird. Die Verwendung der Zahl vier ist nicht zufällig: Wahlafried von Strabo greift die Symbolik in seinem Gedicht Hortlus, bestehend aus 444 Versen, auf – die erste schriftliche Überlieferung, die uns zum Thema Gartenbau vorliegt. Desweiteren symbolisiert die Zahl Vier die Himmels/Windrichtungen sowie die Jahreszeiten, vom Garten Eden aus verliefen vier Ströme und es existieren vier Kardinaltugenden.

Diese aus den Klostergärten übernommene Vierteilung bietet einerseits arbeitsökonomische Vorteile und andererseits aufgrund der daraus resultierenden Symmetrie und Geometrie einen visuellen Kontrast zum scheinbaren 'Wirrwarr' von Nutz- und Zierpflanzen. Innerhalb der einzelnen Beete führen einfache Trampelpfade zwischen die Pflanzen. Eine Trennung der so unterteilten Beete in Gemüse- (Hortus), Heilkräuter- (Herbularius) und Ziergarten (Viridarium), wie in Klostergärten üblich, wurde allerdings nicht in die ländlichen Gärten übernommen.

Am Scheitelpunkt des Wegkreuzes findet sich oftmals ein Rondell, Brunnen oder die Anpflanzung einer besonderen Rosensorte. Warum gerade die Rose im Mittelpunkt des Gartens stehen darf, wird unter dem Punkt 'Historische Rosensorten' näher erläutert. Ebenso oft zu finden ist die Einfassung der Beete mit Buchsbaumhecken - ein Element, das auf die Gestaltung der Schlossgärten der Renaissance zurückgeht, das vermutlich davon ausgehend auch seinen Weg in die Klostergärten fand.


Der Klosterplan von St. Gallen

Auch wenn er nie komplett umgesetzt wurde, hatte der im frühen 9. Jahrhundert entstandene Klosterplan von St. Gallen als Vorlage eines idealen Gartens entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Gestaltung von Klostergärten und somit auch auf die ländlichen Bauerngärten. Gezeichnet wurde der Bauplan um 819 in einem Skriptorium des Bodenseeklosters Reichenau für Abt Gozbert von St. Gallen. Der Plan scheint die Verwirklichung der Regula Benedicti 'ora et labora' in architektonische Form darzustellen. Neben dem sakralen Gebäudteil finden sich auf dem Plan diverse Einrichtungen, besonders der medizinischen Betreuung von Kranken wird viel Raum gelassen mit einem Hospital, Apothekergarten und Aderlaß-Haus.
Walahfried von Strabo

Eines der bedeutensten mittelalterlichen Zeugnisse zur Gartenkultur liegt uns in Form des Gartengedichts 'Liber de cultura hortum' von Walahfried von Strabo vor. Geboren wurde er zu Beginn des 9. Jahrhunderts und wurde mit 15 als Mönch in den Konvent des Klosters Reichenau, eines der wichtigsten Abteien des Frankenreiches aufgenommen. Er verfasste vielerlei Schriften über verschiedene Themengebiete, war stets Lehrer aber auch Lernender.
Im Jahre 827 verfasste er mit 'Hortulus' eines der wichtigsten botanischen Werke des Mittelalters, das eine paarweise Gegenüberstellung von 23 Pfanzen in Versforn beinhaltet. Das Wissen, das er in seinem Gedicht weitergibt, hat er nicht nur aus bestehenden Schriften bezogen, sondern in erster Linie durch Beobachtung selbst erworben. Alle von Strabo beschriebenen Pflanzen sind heute noch in Reichenau zu finden oder könnten mit Ausnahme von Melone und Flaschenkürbis im mitteleuropäischen Klima angebaut werden. Interessanterweise werden ganz gewöhnliche Gemüse und Kräuter wie Zwiebel, Dill und Knoblauch, die in keinem Garten gefehlt haben dürften, bei Strabo nicht erwähnt.
Einen Weidenzaun selbst flechten

Ein ebenso klassisches und natürliches Gestaltungsmerkmal bietet ein selbst geflochtener Weidenzaun. Dazu werden im Frühjahr möglichst gerade Weidenruten gesammelt, die wettergeschützt gelagert werden sollten, bis sie vor dem Stecken mindestens 12 Stunden in Wasser gestellt werden. Mit Abstand von 15 cm zwischen den einzelnen Ruten wird das unterste Drittel in die Erde gesteckt. Die Triebe sollten regelmäßig entfernt werden bis man die Ruten im zweiten Jahr miteinander verflechten kann. Um eine höhere Dichte zu erreichen, können die Triebe in den Folgejahren in das Flechtwerk auch einbezogen werden.

Eine zweite Variante besteht aus senkrecht wachsenden starken Jungpflanzen, zwischen die waagerechte Querstreben aus trockenener Weide geflochten werden. Hierbei wachsen lediglich die senkrechten Ruten und erzeugen Triebe, die dann regelmäßig weiter eingeflochten werden können.

Nicole Richter
Bauerngärten