Historische Bauerngärten
Die historische Entwicklung der Bauerngärten

Die Idee einen ländlichen Bauerngarten anzulegen, als Inbegriff der Kombination von Nutzen und Zierde, erhält in Zeiten der durch Lebensmittelskandale und drohendenden Umweltkatastrophen ausgelösten Rückbesinnung auf die Natur neuen Aufschwung.
Der Ursprung der gärtnerischen Tätigkeit geht weit zurück. Der Begriff Garten leitet sich ab vom aus dem indogermanischen hervorgegangenen 'ghortos' was sich mit 'eingeschlossen, eingefasst' übersetzen lässt. Von geflochtener Weide oder Sträuchern die als Zaun zum Schutz der Pflanzen dienten, leitet sich der Begriff demzufolge ab. Bereits 5000 bis 3000 v. Christus im Zuge der Entwicklung zur Sesshaftigkeit, begann man Wildpflanzen in der Nähe der Behausung anzubauen, die sonst nur mit Mühe aufzutreiben waren. Zu den damals angebauten Pflanzen gehörten vor allem Getreide und Hülsenfrüchte.
Mit dem Vordringen der Römer im 1. Jahrhundert nach Christus in die Gebiete am Rhein und in Süddeutschland gelangten auch Pflanzen, wie zum Beispiel Koriander, Dill, Kerbel, Kirsche, Pflaume Wein und Wildkohlgewächse in die Gärten. An Nährstoffen gehaltvolle Nutz- und Heilpflanzen wurden nun durch Gartenpflanzen, die reich an ätherischen Ölen waren, ergänzt. Bereits während dieser Zeit fanden Blumen zur reinen Zier Einzug in die römischen Gärten. Allerdings zerbrach diese frühe Gartenkultur mit den zu diesem Zeitpunkt gewonnenen Kenntnissen am Untergang des Römischen Reiches und dem Einsetzen der Völkerwanderung.

Erst mit der beginnenden Christianisierung und dem Einfluss über die Alpen gereister Mönche aus Italien mit Saatgut mittelmeertypischer Pflanzen wurde eine neue Gartenkultur geprägt. Hauptträger der Entwicklung waren Benediktiner und Zisterziensermönche. Vor allem die Benediktinerregel "ora et labora" prägte die Arbeitsweise im Klostergarten: Grundgedanke war es, von dem, was man selbst angebaut und geerntet hat, auch leben zu können. Besonders hier wurde Anbau, Vermehrung und Verwendung der verschiedenen Pflanzen perfektioniert und durch gezielte Auslese und Züchtung regionaltypische Sorten herangezogen. Das Wissen darüber wurde niedergeschrieben, in Klosterschulen weitergegen oder von missionstüchtigen Mönchen verbreitet. Nicht zuletzt fanden Heilkräuter ihre Verbreitung auch vor allem durch Abgabe jener an die Dorfbewohner.
Besonderen Einfluss auf die Weiterentwicklung der mitteleuropäischen Gärten nahm die im Jahr 812 erlassene Landgüterverordnung 'Capitulare de Villis vel curtis Imperii', die den Anbau von 73 Nutzpflanzen und 16 Obstbaumsorten auf allen kaiserlichen Gütern vorschreibt. Über die Herkunft dieser Verordnung wird spekuliert. Experten sind der Ansicht, dass der verpflichtende Anbau von Feige und Loorbeer, Pflanzen, die im mitteleuropäischen Klima nicht gedeihen können, Hinweise darauf geben, dass diese Verordnung bereits Ende des 8. Jahrhundert für Südfrankreich erlassen wurde. Damit unterstand die Gartenentwicklung nun nicht mehr vorrangig dem Christentum, sondern wurde auch geprägt vom Kaisertum. Über Jahrhunderte hinweg blieben die vorgeschriebenen Sorten auch vorherrschend in ländlichen Gärten. Im Laufe dieser Entwicklung stellten Bauern ihr eigenes Saatgut her und vermehrten gezielt robuste Sorten, die sich gegen Krankheit und Schädlingsbefall bewährt hatten.
Mit der Entdeckung Amerikas 1492 wurden europäische Gärten um neue Pflanzensorten bereichert. Einige Sorten, insbesondere Blumen und Zierpflanzen wie Sonnen- und Studentenblume wurden schnell übernommen, während Gemüsepflanzen wie die Kartoffel oder die Tomate es schwerer hatten. Erst im 18. Jahrhundert wurde die Kartoffel angebaut und verbesserte nachhaltig die Ernährungslage, verdrängte allerdings ältere Gemüsesorten, wie die Zucker- oder Haferwurzel. Ebenso bereicherten importierte Pflanzen aus dem Orient, Fernost oder später im Zuge der Kolonialisierung auch aus Afrika die mitteleuropäischen Gärten fortan. Der Fall Konstantinopels und die daraus resultierenden friedlichen Beziehungen zum Abendland bereicherten die Blumenvielfalt zusätzlich um Tulpen, Hyazinthen und Ranunkel während sich die in Italien entwickelnde Gartenbewegung hin zum Ziergarten in den ländlichen Bauerngärten aufgenommen wurde. Allerdings kam es auf dem Land nie zu einer Trennung von Nutz und Ziergarten - Gemüse und Blumen wuchsen in direkter Nachbarschaft. So entwickelte sich der reine Nutzgarten im späten Mittelalter zu dem, was heute unter einem 'Bauerngarten' verstanden wird. Im 17. Jahrhundert wurden Merkmale der aufkommenden französischen Gartenmode wie das Stutzen von Sträuchern und Bäumen, sowie Beeteinfassungen mit Buchs, ganz nach dem Vorbild des Gartens von Versailles, in die Bauerngärten übernommen. Trotz stetiger Beeinflussung von repräsentativen Schlossgärten oder auf Nutzen ausgerichteten Klostergärten, haben ländliche Bauerngärten einen individuellen Stil hervorbringen können.
Verschiedene Faktoren ließen einen Nutzgarten im 20. Jahrhundert regelrecht überflüssig werden und führten zum Verfall der bis dahin reich geprägten Gartenkultur. Durch das einsetzende Wirtschaftswunder Mitte des letzten Jahrhunderts, die damit einhergehende Verbesserung und vor allem Stabilität der Ernährungslage, kam dem Eigenanbau von Gemüse keine überlebennotwendige Bedeutung mehr zu. Der Aufstieg der Pharmaindustrie verdrängte das Wissen um natürliche Heilmittel, gleichzeitig ersetzte man die natürliche Schädlingbekämpfung und Gründüngung durch chemisch hergestellte Produkte. Die industrialisierte Saatgutproduktion verdrängte regionale, über jahrhunderte hinweg gezielt vermehrte Landsorten, wodurch deren Vielfalt und robuste Eigenschaften verloren gingen. Gezielt wird Saatgut gezüchtet, das aktuellen Anforderungen wie maximalen Erträgen, Transport-, Lagerbedingungen und maschineller Ernte entspricht.










Nicole Richter
TU Chemnitz, Studienrichtung Geschichte

Im Rahmen Ihres Praktikums befasst sich Frau Richter mit der Entwicklung und dem Inhalt und der Bedeutung regionaler Bauerngärten am beispiel des AmbrossGutes.






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