1933 - 1945
Das Ambrossgut im Nationalsozialismus

Am 30. Januar 1933 übernahm Adolf Hitler die Reichskanzlerschaft. Schnell wurde auch die Landwirtschaft ideologisch überformt und in die Diktatur einbezogen. Der nationalsozialistischen Blut-und-Boden-Ideologie zufolge, die vor allem mit der Person des Reichslandwirtschaftsministers und Reichsbauernführers Walther Darré verbunden ist, hatte der Bauernstand für den Nationalsozialismus eine zentrale Bedeutung. Er sollte die 'Blutsquelle des deutschen Volkes' sein, wie es wenig später im Text des Erbhofgesetzes hieß. Man müsse etwas dagegen unternehmen, schrieb Darré 1935 in 'Odal', der Monatszeitschrift für 'Blut und Boden', 'dass unsere ländliche Blutsquelle infolge des bisher geltenden Rechtes versiegt und sich im nichtländlichen Sektor unseres völkischen Daseins nutzlos verschwendet'; im übrigen eine Vorstellung, die Heinrich Himmler beim Auf- und Ausbau der SS übernahm.
Zentrales Anliegen der nationalsozialistischen Landwirtschaftspolitik war das bereits genannte Erbhofgesetz vom 29. September 1933. Es erklärte alle land- und forstwirtschaftlich genutzten Höfe mit einer Größe von höchstens 125 Hektar (bei besonderen, klimatisch ungünstigen oder historischen Gegebenheiten im Ausnahmefall auch darüber) zu Erbhöfen, die in Erbhöferollen registriert werden mussten. In Schönbrunn kamen dafür 22 Höfe in Betracht, darunter auch das Ambrossgut. Mit der Erklärung eines Gutes zum Erbhof wurde eine genaue Erbfolge festgelegt, bei der immer die männlichen Verwandten vor den weiblichen Vorrang hatten, Veräußerung, Belastung und Verpachtung waren bis auf wenige festgelegte Ausnahmefälle nicht erlaubt.
Insgesamt betraf dies annähernd 1 Million Höfe mit 14,2 Mill. Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, d.h. 'etwas mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Deutschen Reiches'. Ein weiterer Aspekt der Blut-und-Boden-Ideologie war die Ansiedlung neuer Bauern. Sie blieb aber trotz ständiger, anders lautender Beteuerungen der Propaganda hinter den Erwartungen zurück. Zwischen 1933 und 1941 entstanden durchschnittlich 2.444 Neubauernhöfe pro Jahr, in der Weimarer Republik waren es zwischen 1919 und 1932 im jährlichen Durchschnitt 4.286 gewesen. Daran wird sehr deutlich, dass 'Blut und Boden' trotz propagandistischen Getöses in der NS-Führung nur von untergeordneter Bedeutung war. Vorrangiges Ziel war und blieb die Erlangung der Autarkie. Nicht noch einmal sollte Deutschland nahrungsmitteltechnisch unvorbereitet in einen Krieg gehen. Um dies im Bereich der Lebensmittelerzeugung zu verwirklichen, entstand per Gesetz vom 13. September 1933 der Reichsnährstand. Er umfasste alle Bereiche der Lebensmittelproduktion vom Feld bis zur Ladentheke. Er war in die drei Abteilungen 'Der Mensch' (vor allem zur Umsetzung der Gedanken von 'Blut und Boden', wie etwa mittels des Erbhofgesetzes), 'Der Hof' (vor allem zur Koordinierung der als 'Erzeugungsschlacht' bezeichneten Ernte) und 'Der Markt' (zur Steuerung aller Angelegenheiten bezüglich des landwirtschaftlichen Marktes, z.B. des Preises) unterteilt, denen der Verwaltungsamtsführer vorstand. Zudem führte der Reichsnährstand eine vertikale Gliederung vom Reichsbauernführer über den Verwaltungsamtsführer, die Landes-, Kreis- und Bezirks- zu den Ortsbauernschaften hinab, ein. Bei der Kreisbauernschaft wurde für jeden Hof eine Hofkarte angelegt, die im Hinblick auf die Bemühungen zur Erreichung der Autarkie zu Beratungszwecken und der Einflussnahme auf die Produktion der Betriebe diente. Direkte Vorschriften, was ein Bauer anzubauen hatte, gab es aber nicht.
Zusätzlich zu diesen Maßnahmen propagierte das NS-Regime die Urbarmachung neuer Flächen und die Steigerung der Verwendung von Düngemitteln. Insgesamt waren die Anstrengungen aber nicht sonderlich erfolgreich. Zwischen 1932/33 und 1938/39 stieg die landwirtschaftliche Produktion nur um weniger als 10 Prozent. Der Selbstversorgungsgrad des Deutschen Reiches erreichte aber aufgrund der wachsenden Bevölkerung wie zu Beginn des Ersten Weltkrieges nur knapp 85 Prozent; Deutschland blieb, vor allem bei tierischen Produkten, auf Import angewiesen.

Am 1. September 1939 begann das nationalsozialistische Deutschland mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg. In den folgenden sechs Kriegsjahren schrumpfte die inländische landwirtschaftliche Produktion ständig, allerdings nicht so stark wie im Ersten Weltkrieg, da die Versorgung mit Düngemitteln nicht in gleichem Maße einbrach. Die Rinderbestände blieben annähernd stabil; der Ackerfutterbau war erfolgreich ausgeweitet worden und konnte ausreichend Futter zur Verfügung stellen. Allerdings war bei der Milchleistung der Rinder ein Minus von 10 Prozent und bei der Schweinehaltung von einem Drittel zu verzeichnen. Die Reduzierung des Viehbestandes führte nicht nur zu sinkendem Fleischverbrauch in der Bevölkerung, sondern auch zu niedrigerer Dungproduktion, die wiederum geringere Erträge bei der pflanzlichen Erzeugung zur Folge hatte. Ein weiteres großes Problem für die Landwirtschaft war, dass ihr durch die ständige Vergrößerung der Wehrmacht etwa 2,5 Mill. der insgesamt 9 Mill. Arbeitskräfte entzogen wurden. Anders als in den kriegswichtigen Bereichen der Industrie waren Zurückstellungen von der Einberufung in der Landwirtschaft wesentlich seltener. Insgesamt sank die Erzeugung von Getreide und Kartoffeln um ca. 10 Prozent. Zum Ausgleich fehlender Nahrungsmittel bezog das Deutsche Reich - anders als im Ersten Weltkrieg - aber schon sehr schnell nach Kriegsbeginn die besetzten Gebiete ein. Durch deren Ausbeutung war es der NS-Führung bis fast ins letzte Kriegsjahr hinein möglich, wenn auch die Ernährung der deutschen Bevölkerung nicht auf Friedensniveau gehalten werden konnte, ausgesprochene Hungerkrisen wie etwa im Steckrübenwinter 1916/17 zu verhindern. Dies war einer der Hauptgründe dafür, dass das Deutsche Reich in der Lage war, über sechs lange Jahre Krieg zu führen.

Wie erging es in dieser Zeit dem Ambrossgut? über die Zahl der angemeldeten Personen auf dem Ambrossgut sind wir über das Jahr 1939 unterrichtet: 7 Personen, 1 weibliche, 6 männliche, was angesichts des Kriegsbeginns und der Einberufungen zur Wehmacht erstaunt. Nicht bekannt sind allerdings deren Alter und Wehrtauglichkeit, sodass die Aussage als gegeben hingenommen werden muss.
An Vieh hatte das Gut im Jahr 1934 einen Bestand von 30 Schweinen (deren Zahl wieder sehr stark schwankte: 1933 nur 11 bzw. 16 Stück), 25 Rindern, 6 Pferden und 36 Stück Federvieh. 1938, ein Jahr vor Kriegbeginn sind folgende Zahlen überliefert: 37 Schweine, 25 Rinder, 6 Pferde - wie im Ersten Weltkrieg also erneut keine größeren Veränderungen. Die große Bedeutung, die der Gutsbesitzer Georg Alfred Hofmann der Schweinezucht seit den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg in zunehmendem Maße zugemessen hatte, bestätigt sich aber mit diesen Zahlen. Deren schwankende Anzahl ist damit zu erklären, dass bei Schweinen wesentlich schneller die Schlachtreife erreicht ist als bei Rindern. Zudem haben Schweine bekanntermaßen größere Würfe als Rinder. 1940, also noch relativ am Anfang des Krieges, lebten auf dem Ambrossgut 26 bzw. 43 Schweine, 27 Rinder, 3 Pferde, 22 Hühner, 8 Gänse und 4 Enten. Die gesunkene Zahl der Pferde könnte mit Requirierungen der Wehrmacht zusammenhängen, doch muss dies aufgrund fehlender Quellen, die eine Bestätigung dessen liefern könnten, eine Vermutung bleiben. In den nächsten Jahren schwankte wieder vor allem die Zahl der Schweine (1941: 31 bzw. 24 bzw. 15, 1942: 38, 1943: 34, 1944: 12), die Zahl der Rinder erhöhte sich 1942 um eines auf 28, um im folgenden Jahr wieder auf 27 zu sinken. Der Bestand an Pferden erhöhte sich 1944 von 3 auf 5. In den Jahren 1938/1939 grassierte in Schönbrunn die Maul- und Klauenseuche, von der Hofmanns Tiere jedoch nicht betroffen waren. Sein Land nutzte Georg Alfred Hofmann 1939 wie folgt: 24,2 Hektar Ackerland, 0,08 Hektar Hausgärten, 7,62 Hektar Viehweiden, 7,02 Hektar Wald; 2,03 Hektar waren andere Flächen. Für die Bestellung des Ackerlandes liegt zumindest für 1945 eine Aufstellung für die Getreidesorten vor. Demnach baute er auf 1,6 Hektar Weizen, 3,4 Hektar Roggen, 4,8 Hektar Hafer und 0,2 Hektar Gerste an. Inwiefern Hofmann bei der Auswahl der Getreide- oder Gemüsesorten, die er anbaute, von Vertretern des Regimes, d.h. des Reichsnährstandes, beeinflusst wurde, lässt sich zurzeit leider nicht sagen.

Wie wurde das Ambrossgut baulich verändert? 1935 ließ Hofmann einen Übergang zwischen Scheune 2 und Wohnstallhaus sowie auf dem Hof ein Holzsilo bauen. 1939 beantragte er den Bau eines Zugmaschinen-Schuppens als Anbau an Scheune 3. Diesen Bau erhielt er genehmigt, eine Bauvollendungsanzeige unterließ er nach Fertigstellung 1941 allerdings versehentlich. Die Amtshauptmannschaft Marienberg erkundigte sich daher bei Hofmann und schickte 1942 einen Bausachverständigen, der ihn verwarnte und zu Korrekturen an dem Bau aufforderte, da der Bau als Anbau an Scheune 4 und nicht wie im Antrag vorgesehen, an Scheune 3 ausgeführt worden war. Hofmann sollte eine aktualisierte Zeichnung von der Baumaßnahme einreichen. Bezüglich eines nicht beantragten, zeitgleich neugebauten Hühnerstalles wurde ihm bescheinigt, dass dieser 'wegen Verunstaltung des Baukörpers und des Ortsbildes abgelehnt' werden müsse. Hofmann solle ihn abreißen oder mit baupolizeilicher Genehmigung umbauen. Diesen Umbau und den Zugmaschinen-Schuppen beantragte der Gutsbesitzer 1942, noch im selben Jahr erhielt er die Genehmigung. Ein Jahr darauf waren beide Baumaßnahmen fertiggestellt, was Hofmann – um neuen Ärger zu vermeiden – auch sogleich meldete. Die Behörde schickte erneut einen Sachverständigen, der schließlich die Benutzung der Gebäude gestattete.

1945 endete der Zweite Weltkrieg, Deutschland wurde in vier Besatzungszonen geteilt. In der sowjetischen Zone entstand ein sozialistisches Regime, das die Landwirtschaft gravierend umstrukturierte. Mehr dazu im nächsten Kapitel.

Marian Bertz










Geschichte des Gutes