Bauerngärten

Die Idee einen ländlichen Bauerngarten anzulegen, als Inbegriff der Kombination von Nutzen und Zierde, erhält in Zeiten der durch Lebensmittelskandale und drohendenden Umweltkatastrophen ausgelösten Rückbesinnung auf die Natur neuen Aufschwung.
Der Ursprung der gärtnerischen Tätigkeit geht weit zurück. Der Begriff Garten leitet sich ab vom aus dem indogermanischen hervorgegangenen 'ghortos' was sich mit 'eingeschlossen, eingefasst' übersetzen lässt. Von geflochtener Weide oder Sträuchern die als Zaun zum Schutz der Pflanzen dienten, leitet sich der Begriff demzufolge ab. Bereits 5000 bis 3000 v. Christus im Zuge der Entwicklung zur Sesshaftigkeit, begann man Wildpflanzen in der Nähe der Behausung anzubauen, die sonst nur mit Mühe aufzutreiben waren. Zu den damals angebauten Pflanzen gehörten vor allem Getreide und Hülsenfrüchte.
Mit dem Vordringen der Römer im 1. Jahrhundert nach Christus in die Gebiete am Rhein und in Süddeutschland gelangten auch Pflanzen, wie zum Beispiel Koriander, Dill, Kerbel, Kirsche, Pflaume Wein und Wildkohlgewächse in die Gärten. An Nährstoffen gehaltvolle Nutz- und Heilpflanzen wurden nun durch Gartenpflanzen, die reich an ätherischen Ölen waren, ergänzt. Bereits während dieser Zeit fanden Blumen zur reinen Zier Einzug in die römischen Gärten. Allerdings zerbrach diese frühe Gartenkultur mit den zu diesem Zeitpunkt gewonnenen Kenntnissen am Untergang des Römischen Reiches und dem Einsetzen der Völkerwanderung.

Erst mit der beginnenden Christianisierung und dem Einfluss über die Alpen gereister Mönche aus Italien mit Saatgut mittelmeertypischer Pflanzen wurde eine neue Gartenkultur geprägt. Hauptträger der Entwicklung waren Benediktiner und Zisterziensermönche. Vor allem die Benediktinerregel "ora et labora" prägte die Arbeitsweise im Klostergarten: Grundgedanke war es, von dem, was man selbst angebaut und geerntet hat, auch leben zu können. Besonders hier wurde Anbau, Vermehrung und Verwendung der verschiedenen Pflanzen perfektioniert und durch gezielte Auslese und Züchtung regionaltypische Sorten herangezogen. Das Wissen darüber wurde niedergeschrieben, in Klosterschulen weitergegen oder von missionstüchtigen Mönchen verbreitet. Nicht zuletzt fanden Heilkräuter ihre Verbreitung auch vor allem durch Abgabe jener an die Dorfbewohner.
Besonderen Einfluss auf die Weiterentwicklung der mitteleuropäischen Gärten nahm die im Jahr 812 erlassene Landgüterverordnung 'Capitulare de Villis vel curtis Imperii', die den Anbau von 73 Nutzpflanzen und 16 Obstbaumsorten auf allen kaiserlichen Gütern vorschreibt. Über die Herkunft dieser Verordnung wird spekuliert. Experten sind der Ansicht, dass der verpflichtende Anbau von Feige und Loorbeer, Pflanzen, die im mitteleuropäischen Klima nicht gedeihen können, Hinweise darauf geben, dass diese Verordnung bereits Ende des 8. Jahrhundert für Südfrankreich erlassen wurde. Damit unterstand die Gartenentwicklung nun nicht mehr vorrangig dem Christentum, sondern wurde auch geprägt vom Kaisertum. Über Jahrhunderte hinweg blieben die vorgeschriebenen Sorten auch vorherrschend in ländlichen Gärten. Im Laufe dieser Entwicklung stellten Bauern ihr eigenes Saatgut her und vermehrten gezielt robuste Sorten, die sich gegen Krankheit und Schädlingsbefall bewährt hatten.
Mit der Entdeckung Amerikas 1492 wurden europäische Gärten um neue Pflanzensorten bereichert. Einige Sorten, insbesondere Blumen und Zierpflanzen wie Sonnen- und Studentenblume wurden schnell übernommen, während Gemüsepflanzen wie die Kartoffel oder die Tomate es schwerer hatten. Erst im 18. Jahrhundert wurde die Kartoffel angebaut und verbesserte nachhaltig die Ernährungslage, verdrängte allerdings ältere Gemüsesorten, wie die Zucker- oder Haferwurzel. Ebenso bereicherten importierte Pflanzen aus dem Orient, Fernost oder später im Zuge der Kolonialisierung auch aus Afrika die mitteleuropäischen Gärten fortan. Der Fall Konstantinopels und die daraus resultierenden friedlichen Beziehungen zum Abendland bereicherten die Blumenvielfalt zusätzlich um Tulpen, Hyazinthen und Ranunkel während sich die in Italien entwickelnde Gartenbewegung hin zum Ziergarten in den ländlichen Bauerngärten aufgenommen wurde. Allerdings kam es auf dem Land nie zu einer Trennung von Nutz und Ziergarten - Gemüse und Blumen wuchsen in direkter Nachbarschaft. So entwickelte sich der reine Nutzgarten im späten Mittelalter zu dem, was heute unter einem 'Bauerngarten' verstanden wird. Im 17. Jahrhundert wurden Merkmale der aufkommenden französischen Gartenmode wie das Stutzen von Sträuchern und Bäumen, sowie Beeteinfassungen mit Buchs, ganz nach dem Vorbild des Gartens von Versailles, in die Bauerngärten übernommen. Trotz stetiger Beeinflussung von repräsentativen Schlossgärten oder auf Nutzen ausgerichteten Klostergärten, haben ländliche Bauerngärten einen individuellen Stil hervorbringen können.
Verschiedene Faktoren ließen einen Nutzgarten im 20. Jahrhundert regelrecht überflüssig werden und führten zum Verfall der bis dahin reich geprägten Gartenkultur. Durch das einsetzende Wirtschaftswunder Mitte des letzten Jahrhunderts, die damit einhergehende Verbesserung und vor allem Stabilität der Ernährungslage, kam dem Eigenanbau von Gemüse keine überlebennotwendige Bedeutung mehr zu. Der Aufstieg der Pharmaindustrie verdrängte das Wissen um natürliche Heilmittel, gleichzeitig ersetzte man die natürliche Schädlingbekämpfung und Gründüngung durch chemisch hergestellte Produkte. Die industrialisierte Saatgutproduktion verdrängte regionale, über jahrhunderte hinweg gezielt vermehrte Landsorten, wodurch deren Vielfalt und robuste Eigenschaften verloren gingen. Gezielt wird Saatgut gezüchtet, das aktuellen Anforderungen wie maximalen Erträgen, Transport-, Lagerbedingungen und maschineller Ernte entspricht.








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Die Gartenkultur der mitteleuropäischen Staaten entwickelte sich trotz regionaler Unterschiede der Pflanzensorten relativ ähnlich. Ein grundlegendes Element ist die Nähe der Gartenfläche zum Haus, um die Wärmeabstrahlung zu nutzen, und deren Ausrichtung nach Süden oder Osten, um so viel wie möglich Sonnenlicht zu erhalten. Dahingehend wird auch das prächtige Wachstum der Pflanzen in mittelalterlichen Klostergärten begründet, denn aufgrund der Steinmauer, die die Beete umgab, konnte die Wärme länger gespeichert und abgegeben werden. Ausgehend vom ursprünglich reinen Nutzgartenprinzip, bei dem die Ernährungsversorgung im Vordergrund stand, sollte die Gestaltung eher schlicht und einfach gehalten werden.

Das prägnanteste Gestaltungmerkmal, das in den meisten Bauerngärten wiederkehrt, ist die rechteckige Grundfläche, welche durch einen Weg in Kreuzform gevierteilt wird. Die Verwendung der Zahl vier ist nicht zufällig: Wahlafried von Strabo greift die Symbolik in seinem Gedicht Hortlus, bestehend aus 444 Versen, auf – die erste schriftliche Überlieferung, die uns zum Thema Gartenbau vorliegt. Desweiteren symbolisiert die Zahl Vier die Himmels/Windrichtungen sowie die Jahreszeiten, vom Garten Eden aus verliefen vier Ströme und es existieren vier Kardinaltugenden.

Diese aus den Klostergärten übernommene Vierteilung bietet einerseits arbeitsökonomische Vorteile und andererseits aufgrund der daraus resultierenden Symmetrie und Geometrie einen visuellen Kontrast zum scheinbaren 'Wirrwarr' von Nutz- und Zierpflanzen. Innerhalb der einzelnen Beete führen einfache Trampelpfade zwischen die Pflanzen. Eine Trennung der so unterteilten Beete in Gemüse- (Hortus), Heilkräuter- (Herbularius) und Ziergarten (Viridarium), wie in Klostergärten üblich, wurde allerdings nicht in die ländlichen Gärten übernommen.

Am Scheitelpunkt des Wegkreuzes findet sich oftmals ein Rondell, Brunnen oder die Anpflanzung einer besonderen Rosensorte. Warum gerade die Rose im Mittelpunkt des Gartens stehen darf, wird unter dem Punkt 'Historische Rosensorten' näher erläutert. Ebenso oft zu finden ist die Einfassung der Beete mit Buchsbaumhecken - ein Element, das auf die Gestaltung der Schlossgärten der Renaissance zurückgeht, das vermutlich davon ausgehend auch seinen Weg in die Klostergärten fand.



Der Klosterplan von St. Gallen

Auch wenn er nie komplett umgesetzt wurde, hatte der im frühen 9. Jahrhundert entstandene Klosterplan von St. Gallen als Vorlage eines idealen Gartens entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Gestaltung von Klostergärten und somit auch auf die ländlichen Bauerngärten. Gezeichnet wurde der Bauplan um 819 in einem Skriptorium des Bodenseeklosters Reichenau für Abt Gozbert von St. Gallen. Der Plan scheint die Verwirklichung der Regula Benedicti 'ora et labora' in architektonische Form darzustellen. Neben dem sakralen Gebäudteil finden sich auf dem Plan diverse Einrichtungen, besonders der medizinischen Betreuung von Kranken wird viel Raum gelassen mit einem Hospital, Apothekergarten und Aderlaß-Haus.








Walahfried von Strabo

Eines der bedeutensten mittelalterlichen Zeugnisse zur Gartenkultur liegt uns in Form des Gartengedichts 'Liber de cultura hortum' von Walahfried von Strabo vor. Geboren wurde er zu Beginn des 9. Jahrhunderts und wurde mit 15 als Mönch in den Konvent des Klosters Reichenau, eines der wichtigsten Abteien des Frankenreiches aufgenommen. Er verfasste vielerlei Schriften über verschiedene Themengebiete, war stets Lehrer aber auch Lernender.
Im Jahre 827 verfasste er mit 'Hortulus' eines der wichtigsten botanischen Werke des Mittelalters, das eine paarweise Gegenüberstellung von 23 Pfanzen in Versforn beinhaltet. Das Wissen, das er in seinem Gedicht weitergibt, hat er nicht nur aus bestehenden Schriften bezogen, sondern in erster Linie durch Beobachtung selbst erworben. Alle von Strabo beschriebenen Pflanzen sind heute noch in Reichenau zu finden oder könnten mit Ausnahme von Melone und Flaschenkürbis im mitteleuropäischen Klima angebaut werden. Interessanterweise werden ganz gewöhnliche Gemüse und Kräuter wie Zwiebel, Dill und Knoblauch, die in keinem Garten gefehlt haben dürften, bei Strabo nicht erwähnt.



Einen Weidenzaun selbst flechten

Ein ebenso klassisches und natürliches Gestaltungsmerkmal bietet ein selbst geflochtener Weidenzaun. Dazu werden im Frühjahr möglichst gerade Weidenruten gesammelt, die wettergeschützt gelagert werden sollten, bis sie vor dem Stecken mindestens 12 Stunden in Wasser gestellt werden. Mit Abstand von 15 cm zwischen den einzelnen Ruten wird das unterste Drittel in die Erde gesteckt. Die Triebe sollten regelmäßig entfernt werden bis man die Ruten im zweiten Jahr miteinander verflechten kann. Um eine höhere Dichte zu erreichen, können die Triebe in den Folgejahren in das Flechtwerk auch einbezogen werden.

Eine zweite Variante besteht aus senkrecht wachsenden starken Jungpflanzen, zwischen die waagerechte Querstreben aus trockenener Weide geflochten werden. Hierbei wachsen lediglich die senkrechten Ruten und erzeugen Triebe, die dann regelmäßig weiter eingeflochten werden können.




Nach historischem Vorbild angelegt, sollte ein Bauerngarten vorwiegend Gemüsepflanzen und Kräuter beinhalten, die sich neben robusten Eigenschaften durch relativ einfache Pflege über Jahrhunderte bewährt und ausgezeichnet haben. Beim Anbau dieser Sorten sollte auf folgende Punkte geachtet werden.
Mischkultur

In freier Natur findet man jene Gewächse zusammen, die sich in symbiotischer Lebensweise ergänzen. Dieses Ideal der günstigen Nachbarschaft strebt die Mischkultur an. Ein Plan, in dem alle Früh-, Haupt- und Spätkulturen, die angepflanzt werden sollen, aufgelistet werden und mit passenden Partnern kombiniert werden, schafft einen systematisierten Überblick.

Bei benachbarten Pflanzen muss darauf geachtet werden, dass sich diese durch deren Wurzelausscheidungen und Duftstoffe nicht gegenseitig behindern. Ganz im Gegenteil sollten gezielt Sorten nebeneinander gepflanzt werden, die sich dienlich sind. Unter diesem Gesichtspunkt müssen Wuchsformen, Wachstumszeiten und Nährstoffansprüche berücksichtigt werden.

Oberirdisch breit wachsende, flach wurzelnde Gewächse sollten mit oberirdisch schmalen, tiefwurzelnden Pflanzen kombiniert werden, sodass die Fläche, ganz dem historischen Vorbild entsprechend, optimal genutzt wird. Sogenannte Hauptkulturen wie Tomaten oder Stangenbohnen, die viel Platz benötigen und eine lange Vegetationsphase haben, sollten in der Mitte des Beetes platziert werden, während sie mit am Beetrand platzierten passenden Partnerkulturen, wie Möhren, Erbsen oder rote Beete, die zweimal oder öfter im Jahr bestellt werden können, kombiniert werden. Dazwischen kann auch schnell wachsendes Gemüse, wie Salate oder Radieschen, angepflanzt werden, was bereits geerntet werden kann, ehe die Nachbargewächse mehr Platz benötigen.

Während sogenannte Starkzehrer entsprechend viele Nährstoffe aus dem Boden absorbieren müssen, um zu gedeihen, haben Schwachzehrer, zu denen vorrangig Hülsenfrüchte zählen, den Vorteil, dass sie neben ihrem geringen Anspruch an den Boden auch noch Stickstoff aus der Luft aufnehmen und diesen mit Nährstoffen anreichern. Folglich sollte nach dem Anbau einer starkzehrenden Sorte wie Tomate, Gurke, Kohl oder Sellerie, Mittelzehrer, z. B. Wurzelgemüse, oder Schwachzehrer angebaut werden. Mit Ausnahme von der Tomate gedeihen die meisten Pflanzen ohne Wechsel des Standortes zur nächsten Saison hin eher schlecht. Doch nicht nur das Wachstum der Pflanzen profitiert von der Fruchtfolge, auch erhält sie die Bodengesundheit und bietet Schutz vor Krankheitsbefall, Schädlingen.



Düngung

In einem ländlichen Garten sollte auch das Düngen mit natürlichen Materialien erfolgen. So sollte zum Beispiel Laub in den Herbstmonaten liegen gelassen werde, um es dann mit getrocknetem Material zu mischen. Das sogenannte Mulchen der Beete hat mehrere Vorteile. Es schützt die Pflanzen vor Unkraut und erhält die Bodengesundheit, indem es diesem vor dem Austrocknen schützt und zusätzlich das Ansiedeln von Kleinstlebewesen begünstigt, die zustzlich den Boden pflegen.
Zum Mulchen sollte nam den Kompost aus abgestorbenen Planzen, welkem Rasenschnitt sehr dünn auf auf die Beete auftragen, ebenso kann man mit eigens gehäxeltem Holzschnitt verfahren, der sich besonders gut zum Schutz von Erdbeerpflanzen eignet.



Schädlinge

Einen biologischen Schutz vor Schädingen erhält man auch, indem man günstige Bedingungen zur Ansiedlung ihrer natürlichen Fressfeinde schafft. Ganz besonders dem Igel, als natürlichen Feind der Schnecke, sollten Möglichkeiten geboten werden sich im Garten Unterschlupf zu suchen. Eine naturnahe Gartengestaltung wie sie das Anlegen eines Bauerngartens vorsieht, bietet bereits einen optimalen Ausgangspunkt. Dazu sollten neben Durchschlupfmöglichkeiten im Zaun auch natürliche Behausungen wie Hecken, Gebüsche, Stein- oder Holzhaufen geboten werden. Ebesno können sie sich unter alten Baumwurzeln oder in der Nähe von Gartnhäuschen und Schuppen ansiedeln. Unterstützend kann die Ansiedlung von Igeln durch das Aufstellen von flachen, stabil stehenden Wasserschalen sowie Futterstellen begünstigt werden.



Ebenso dienlich sind Insekten, die durch Duftstoffe der vielfältigen Blumenpracht angelockt werden, Schädlinge vertreiben und zusätzlich zur Vermehrung der Pfanzen beitragen.



Streuobstwiesen

Auch wenn eine Streuobstwiese nicht direkt innerhalb des eingezäunten Bereiches eines Bauerngartens vorhanden ist, darf sie im historischen Kontext nicht unerwähnt bleiben. Obstbäume befanden sich in den meisten Fällen an der Nordseite außerhalb des Gartens. Der Begriff Streuobstwiese leitet sich vom lückenhaften Erscheinungsbild ab, was allerdings durch Ausfälle und fehlende Nachpflanzungen in ursprünglich einheitlich angepflanzten Reihen entstand. Im Klostergarten bildet der Obstbaumgarten neben dem Kräuter-, Gemüse- und Ziergarten das vierte Element und wird als Pomarium bezeichnet. Im Christentum symbolisiert der Baum den jährlichen Lebensrythmus.
Von besonderer Stellung im Obstgarten ist der Apfelbaum, dessen Kultivierung wohl bereits bis in die Jungsteinzeit zurückreicht. Leider ist die ursprünglich enorme Sortenvielfalt heutzutage nur noch auf wenige begrenzt. Der Holzapfel als Urform ist ungenießbar und selten geworden. Vermutlich sind bereits über 80 Prozent der ursprünglichen Apfelsorten ausgestorben. Aus archäologischen Ausgrabungen in der Nähe Heilbronns wurde der älteste Fund von Apfelreten auf ca. 6000 Jahre geschätzt. Dem Apfel kommt ein hoher Grad an Mystifizierung bei Kelten und Germanen sowie später im Christentum zu. Ein Bespiel für eine alte Apfelbaumsorte, die vom Aussterben bedroht ist, ist die Mispel. Ursprünglich aus der Region des Kaspischen Meeres stammend, fand sie schon Erwähnung im Klosterplan von St. Gallen. Heute ist sie noch in den Klöstern Altzella und Reichenau zu finden und muss gezielt gezüchtet werden, um sie vor dem Aussterben zu bewahren.






Portraits

Im Folgenden wird auf einige ausgewählte Pflanzen in kurzen Portraits eingegangen, die sich als typische Bauerngartensorten über Jahrhunderte hinweg bewährt haben.

Sellerie gehört zu den Doldenblütlern und wächst wild vor allem auf sehr salzigem Boden in Küstenregionen, auch im Garten gedeiht er am besten auf feuchtem, nährstoffreichem Grund. Die Aussaat sollte im Frühjahr erfolgen und die jungen Pflanzen Mitte Mai ins Beet gesetzt werden, dabei muss darauf geachtet werden, dass die keinem Frost ausgesetzt werden. Sellerie lässt sich in die Kulturgruppen Schnitt- bzw. Würzsellerie, Knollensellerie und Stauden- bzw. Stangensellerie kategorisieren.
Bereits Homer beschrieb in seiner Odyssee Sellerie als Lieblingsgemüse der Zauberin Calypso. Der griechische Begriff des Gewächses lautet Selinon, auf Sizilien finden wir auch ein ehemals griechische Stadt, deren Name Seilunt sich davon ableitet, deren Münzen mit einem Sellerieblatt versehen waren. In Deutschland geht ihr Vorkommen bis in die Jungsteinzeit zurück. Von den Kelten kultiviert, wurde er im Gartengedicht des Abtes Walahfried von Strabo als normale Gartenpflanze aufgelistet.
Geschätzt wurde er aufgrund seiner ätherischen Öle, die das Herz-Kreislauf-System sowie den Magen stärken und zudem verdauungsfördernd wirken.
Salbei ist eine der universellsten Heilpflanzen, wie der Name schon belegt. Dieser leitet sich vom lateinischen „salvare“ für heilen ab. Durch seinen hohen Anteil an ätherischen Ölen wirkt Salbei desinfizierend. Wie bedeutend diese Pflanze war, wird auch durch die Nennung an erster Stelle im „Hortulus“ von Walahfried von Strabo verdeutlicht. Seine Ursprünge finden wir im Mittelmeerraum, von dort aus wurde er von Mönchen über die Alpen gebracht. Bereits von großem Nutzen während des Wachstums kann er durch die Anpflanzung neben Kohl sein, da Salbei vor allem in Kombination mit Pfefferminze und Eberraute vor Kohlweißling schützt. Salbei wächst als Halbstrauch mit 30 bis 70cm hohen Stielen. Im Mai kann die Aussaat direkt ins Beet erfolgen, später sollte man die Pflanzen auf 35 cm Abstand vereinzeln. Salbei benötigt viel Sonne und Wärme und blüht in der Regel im Juni/Juli. Durch Absenker kann er einfach vermehrt werden, indem man die Zweige nach unten biegt, befestigt und etwas eingräbt bis sich Wurzeln gebildet haben.

Rettiche gehören zu den Kreuzblütlern. Bereits im antiken Griechenland wird Rettich wegen seiner antibakteriellen und harntreibenden Wirkung beschrieben, zudem wird er im Klosterplan von St. Gallen und dem Capitulare de villis erwähnt, wo er als radices bezeichnet wird. Rettiche können durch Wurzelstecklinge vermehrt werden, dazu kann einfach von den Wurzeln ein kürzeres Stück abgeschnitten und eingepflanzt weren oder in einer Sandkiste bis zum Austrieb gelagert werden.

Zwiebeln zählen mit zu den ältesten Kulturpflanzen überhaupt und sind bereits auf ägyptischen Wandmalereien vertreten. Römer nutzten sie als Grundnahrungsmittel und verbreiteten sie in Mitteleuropa. Die Zwiebel zeichnet sich durch enorme Sortenvielfalt aus. In der Heilkunde wird sie vor allem aufgrund ihrer verdauungsfördernden, antiseptischen und gefäßschützenden Eigenschaften geschätzt.
Die Aussaat erfolgt in Reihen mit ca. 30 cm Abstand auf abgetrocknetem Boden.



Die Rose

'... die allen Schmuck der Gewächse alsbald an Kraft und Duft, wie man sagt, wo weit überstrahlte, daß man mit Recht als die Blume der Blumen sie hält und erkläret.' (Walahfried von Strabo)

Bereits im 3. Jahrtausend vor Christus gehörten Rosen zur chinesichen Gartenkultur und gelangten über Handelswege in den Mittelmeerraum, wo sie in römischen und griechischen Schriften Erwähnung finden. Die Römer stellten aus ihr Rosenessig und Parfüm her. Im Zuge des Verfalls der europäischen Gartenkultur durch den Untergang des Römischen Reiches verlieren sich auch die Informationen über die Entwicklung dieser bedeutungvollen Pflanze. Erst durch das Capitulae de Villis wird sie in den mitteleuropäischen Klostergärten zum festen Betandteil und erlangt durch Hildegard von Bingen auch Bedeutung als Heilpflanze. Für das Christentum steht die Rose für Anmut und Milde und verkörpert damit Eigenschaften der Heiligen Maria. Die Bedeutung der Rose wird auch durch ihre oftmals mittige Platzierung im Klostergarten ausgedrückt.

Rosensorten, die wir heute als historisch bezeichnen, sind in der Regel vor 1900 entstanden. Die damals wildwachsenden Sorten wurden kultiviert und dem Überbegriff rosa gallica zugeordnet, zu deren bekanntesten Vertreterinnen die rosa gallica officinalis zählt, die sogenannte Apothekerrose, deren Sträucher ca. 150 cm hoch werden, eine hellrote Blütenpracht tragen und Hagebutten vervorbringen. Nur wenige dutzend Sorten dieser Rose kannte man um 1600, bis die Vielfalt um 1900 auf über 1000 stieg.
Damascenarosen, Albarosen, Moosrosen und Zentifolien gehören zusammen mit den Gallicarosen einer Klasse an, die sich durch einmalige Blüte im Jahr, kleines Laub, wilden Wuchs und starken Duft auszeichnet. Konträr finden wir eine zweite Gruppe von Rosen, die sich durch mehrmaliges Blühen im Jahr auszeichnet. Zu dieser Klasse gehören Sorten, die aus Kreuzungen einheimischer oben genannter Sorten mit der sogenannten China-Rose aus dem 18. Jahrhundert hervorgehen. Dazu zählen Borbonrosen, Noisetterosen sowie Remonantrosen. Leider brachten diese Sorten eine bis dato ungekannte Pilzkrankheit über die einheimischen Sorten: den Sternrußtau.

Alte Rosensorten lassen sich sehr einfach durch den frischen Schnitt eines Stecklings vermehren, von dem dann die Blüten sowie kranke Blätter entfernt werden, damit die gesamte Energie in das Austreiben der Wurzeln gesteckt wird.

Nicole Richter
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Autorin und Quellen